Sonntag, 27. September 2015

Erik Axl Sund "Scherbenseele"

Leben ist Tod. Tod ist Leben.
Warum versteht das keiner?
Das Gefühl, gleichzeitig tot und
lebendig zu sein,
wird nie stärker, als wenn
man es mit jemandem teilt.
Tod und Leben sind zwei.
Wie Kopf und Zahl.
Wie Tag und Nacht.
Wie Sommer und Winter.
Wir taten es gemeinsam,
sie und ich.
Alles ist leichter,
wenn man zu zweit ist.
Wenn man zusammenhält.

Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Goldmann
Seiten: 410
1. Teil einer Trilogie

Nach dem großen Erfolg der Victoria-Bergmann-Trilogie (Krähenmädchen, Narbenkind, Schattenschrei) ist das schwedische Autorenduo Erik Axl Sund mit einem neuen Buch zurück in unseren Wohnzimmern. Wie ihr schon bei dem kurzen Auszug oben erkennen könnt, ist die Lektüre von „Scherbenseele“ thematisch gesehen nicht gerade leichte Kost. Jens Hurtig, Kriminalkommissar bei der Stockholmer Polizei (und ein bereits bekannter Charakter aus der ersten Trilogie), bekommt es mit einer Vielzahl von mysteriösen Selbstmorden in ganz Schweden zu tun. Jugendliche bringen sich auf ungewöhnliche und ziemlich grausame Art und Weise selber um und hören dabei auf alten Musikkassetten die Musik des Künstlers „Hunger“. Zusätzlich dazu bekommt Hurtig persönliche Gegenstände von erwachsenen Mordopfern zugeschickt, sodass ziemlich schnell klar wird, dass diese beiden Fälle in einem größeren Zusammenhang stehen. Seine Ermittlungen führen den Kriminalkommissar tief in die Abgründe menschlicher Seelen und die Qualen, die darin verborgen sein können. Aber die Story wird nicht nur aus der Sicht Hurtigs erzählt, abwechselnd erhalten wir Einblicke in die Gedankengänge verschiedener Charaktere, die alle mehr oder weniger in die Vorfälle rund um die Selbstmorde involviert sind. Besonders interessant fand ich dabei die Kapitel, die von „Hunger“ und seinen Erinnerungen an seine Kindheit handeln, da sie der Schlüssel zum Verstehen sind. In jedem Kapitel des Buches bekommt man ein kleines Puzzlestück und versucht dieses ins Gesamtbild einzufügen, was besonders zum Ende hin sehr große Spannung erzeugt, weil man weiß, dass man kurz vor der Lösung ist, aber es trotzdem noch nicht ganz vollständig ist. Trotz der relativen Kürze der Kapitel erfährt der Leser sehr viel über die Charaktere und deren Leben, hauptsächlich durch die eingebauten Erinnerungen, die die Protagonisten sehr lebensecht und vielschichtig wirken lassen. Und über allem schwebt die düstere Grundstimmung, die Erik Axl Sund in „Scherbenseele“ schafft und die den Leser langsam und unaufhörlich mit sich zieht. Der Stil des Autorenduos ist direkt und auf den Punkt, schlimme Wahrheiten werden ohne Vorwarnung einfach in den Raum gestellt. Ich denke, das ist das Erfolgsgeheimnis der beiden, sie ziehen den Schleier der Verdrängung von sonst tabuisierten Themen und zeigen dem Leser nichts als die Wahrheit. Es gibt kein Verstecken und kein Verleugnen, diese Dinge sind real und werden in ihrer ganzen Tiefe gezeigt.


Fazit:
„Scherbenseele“ begeistert durch eine wahnsinnig spannende und stringente Story, die einige Überraschungen bereit hält und am Ende keine Fragen übrig lässt. Die Charaktere sind gut gestaltet und unterhaltsam, die Grundstimmung ist gleichbleibend düster und passt perfekt zur Geschichte. Was mir ein zwei Mal negativ auffiel, war die Bedienung des allgemeinen Schubladendenkens, was aber die gute Story in keiner Weise beeinträchtigt.  

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