Mittwoch, 28. August 2013

Kristy und Tabita Lee Spencer "Dark Angels Fall-Die Versuchung"

"Ihr dürft ihnen nicht mehr in die
Arme laufen", flüstert Dusk, "ihr
müsst warten, Die Zeit läuft für
euch... Ihr braucht das Zeichen
und es gibt noch jemanden, der euch
zeichnen kann." "Wer?", frage ich,
aber Dusk weicht meinem Blick aus.
"Deine Gedanken würden die Engel
dorthin lenken", sagt er. "Deine
Gedanken sind wie ein Magnet.
Jetzt müsst ihr überleben, nichts
anderes."

Erscheinungsdatum: 01.08.2012
Verlag: Arena
Seiten: 482
2. Teil einer Tetralogie

Nach dem spannenden Ende des ersten Teils, in dem es Dawna und Indie gelungen ist, das Tor zu verschließen, Samael (Sam) zu bannen und Azrael den Zutritt zu ihrer Welt zu verweigern, schließt der zweite Band direkt an diese Ereignisse an. Eigentlich müssten die Hüterinnen guter Laune sein, denn sie haben das Böse für eine Weile aufgehalten. Doch trotz ihres Erfolges haben es 7 Engel geschafft, sich zu materialisieren und sind nun als Biker auf schweren Maschinen unterwegs. Was im ersten Band das unheilvolle Flügelrauschen der Vögel war, ist nun das wummernde Dröhnen der Motorräder, das das Eintreffen der gefallenen Engel anzeigt. Die Gefahr für Dawna und Indie ist also noch längst nicht gebannt und erschwerend kommt hinzu, dass Miley verschwunden ist. Dawna ist der festen Überzeugung, dass Sam am Grab die Wahrheit gesagt und Miley entführt hat, woraufhin sie alles daran setzt, ihn zu finden. Indie hingegen hält die Suche für nutzlos, da sie glaubt, dass er längst tot ist. Und zu allem Überfluss hat Shantani ihre Mutter verlassen, die aber denkt, dass sie ein Kind von ihm erwartet und deshalb emotional völlig am Boden ist. Die Autorinnen gönnen dem Leser wirklich keine Verschnaufpause und von der ersten Seite an entwickeln sie einen enormen Spannungsbogen, der zu keinem Zeitpunkt abreißt und mit unerwarteten Wendungen und Überraschungen gespickt ist. So erfahren Dawna und Indie, dass Sam Rosells Laden, in dem Indie nur einen Tag vorher noch stand und Schokolade gegessen hat, schon seit einem Jahr geschlossen und Sam (also der "wahre" Sam) tot ist. Auf ihrer Suche nach Miley und Antworten bezüglich ihres Schicksals als Hüterinnen begeben sich die beiden dauerhaft in Gefahr und sind stets auf der Flucht vor den Engeln, die ihren Anführer wieder zurück haben wollen. Dabei wird ihnen schmerzlich bewusst, dass sie außerhalb ihrer besonderen 33 Tage kaum noch Kräfte haben und Whistling Wing der einzige sichere Ort für sie ist. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, wie sie ihre vollen Kräfte entwickeln könnten-durch eine Initiation. Jedoch fehlen ihnen wichtige Dinge, sowie die Person, die mit ihnen zusammen das Ritual durchführen könnte. 
Der zweite Teil steht dem ersten Buch an Spannung, Ideenvielfalt und mit der richtigen Atmosphäre in nichts nach. Dawna und Indie sind in ihren Handlungen und Gedanken sehr authentisch und nachvollziehbar und trotz der verminderten Kräfte spürt man immer eine besondere Verbundenheit der beiden, die diese Bücher an sich schon zu etwas Besonderem machen. Dazu die interessante und spannende Geschichte, die mit ihren Details und berührenden Einzelschicksalen sehr durchdacht ist. Auch die Liebesgeschichten sind mit viel Hingabe und Herz geschrieben, ohne auch nur im Ansatz kitschig zu sein. Es ist schön zu sehen, dass die Autorinnen nicht die simple Schwarz-Weiß-Folie herausgeholt haben, wenn es um die Beschreibung von "Gut" und "Böse" geht, sondern dass es auch immer Grautöne gibt, die den Charakteren viel Tiefe und Authentizität verleihen. 
Trotz all dieser genannten Faktoren, die das Buch unheimlich faszinierend machen, beschleicht mich doch langsam eine kleine Sorge, die die Autorinnen hoffentlich mit den nächsten beiden Büchern aus der Welt schaffen können. Wir sind jetzt in der Hälfte der Reihe angekommen, doch als Leser bekommt man nicht das Gefühl, als wenn man der Lösung schon wesentlich näher gekommen ist. Ich hoffe wirklich sehr, dass dies als stilistisches Mittel gedacht ist, um die Spannung beim Leser hoch zu halten und es in den letzten beiden Bänden zu einer ordentlichen Auflösung aller Fragen kommt.

Fazit: 
Auch dieser Band der Reihe besticht durch seine Spannung, die wahnsinnige Intensität der Charaktere, die ständigen Wendungen und Überraschungen, sowie die Darstellung des "richtigen Handelns" trotz aller Widrigkeiten. 

Ich kann wirklich nur jeden bestärken, diese Bücher einmal zu lesen, es wird sich auf jeden Fall lohnen. Und für alle, die schon Fans der Reihe sind: diesen Sonntag, den 01.09., erscheint der dritte Band "Dark Angels Winter" im Handel.

Nachtrag vom 02.09.: Anscheinend hat sich das Erscheinungsdatum geändert, denn anstelle vom 01.09. wird nun allgemein von September 2013 gesprochen. Das heißt, wir müssen uns leider noch einige Tage gedulden, bis wir erfahren, wie es mit Dawna und Indie weiter geht.

Freitag, 23. August 2013

Kristy und Tabita Lee Spencer "Dark Angels Summer-Das Versprechen"

Ich weiß nicht, was mich mehr
beunruhigt. Dass Dawna sehen
kann, an was ich denke, oder dass
ich sehen kann, was sie denkt.
In meinem Kopf knistert es noch,
vor Wut oder vor Angst, kann ich
nicht sagen. Und dann ist da noch
die Stimme meiner Granny, die mir
zuflüstert, ich soll mich nicht über
Dawna ärgern. "Sie ist doch deine
Schwester", hatte sie früher oft gesagt.
"Du solltest dich mit deiner Schwester
vertragen. Du solltest dankbar sein,
dass du eine Schwester hast."
Und dann hat sie meist noch gesagt:
"Erinnere dich daran." Erinnern?

Erscheinungsdatum: 01.01.2012
Verlag: Arena
Seiten: 475
1. Teil einer Tetralogie

"Dark Angels Summer" ist einer dieser typischen Fälle von Spontankauf, weswegen ich auch ohne irgendwelche Erwartungen an dieses Buch herangegangen bin. Es war mir bis zu diesem Zeitpunkt völlig unbekannt und ich kann zu meiner Freude sagen, dass sich dieser Kauf mehr als gelohnt hat. "Dark Angels Summer" ist spannend, geheimnisvoll, atmosphärisch sehr dicht und die Darstellung der Charaktere ist unglaublich gut und lebensnah. 
Die Hauptpersonen des Buches sind Dawna und Indie, zwei Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten und sich doch in vieler Hinsicht so sehr ähneln. Dawna ist die ruhige, besonnene der beiden, wohingegen Indie eher die flippige, vorlaute jüngere Schwester ist. Die beiden befinden sich gerade in ihrer "seltsamen Zeit", nämlich in den 33 Tagen, in denen alles anders ist. In dieser Zeit sind sie nämlich gleich alt (17) und es passieren immer merkwürdige Dinge, wie z.B. der Tod ihrer Granny oder der Autounfall ihrer Mutter.  Außerdem besteht in diesem Zeitraum eine besonders enge Verbindung zwischen den beiden, die sie sich nicht erklären können. Sie leben mit ihrer Mutter zusammen, die nicht wirklich mit sich und ihrem Leben zurecht kommt. Die drei ziehen dauernd um und ständig läuft ihre Mutter einem neuem Trend hinterher. Dieses Mal sind es Engel. Sie besucht Engelsseminare und isst nur "erleuchtetes" Essen. Dawna und Indie haben sich schon an die Ticks ihrer Mutter gewöhnt, doch dieses Mal ist etwas anders. Sie ziehen nämlich nach Whistling Wing, in das alte Haus ihrer Granny. Dawna und Indie haben früher immer den gesamten Sommer dort verbracht, doch seit ein paar Jahren durften sie nicht mehr zu ihrer Granny fahren, bis sie dann plötzlich und unerwartet gestorben ist. Dawna und Indie freuen sich auf die gemeinsame Zeit mit ihrer Mutter auf Whistling Wing, bis sie erfahren, dass ihre Mutter dort ein Engelsseminar abhalten möchte, wozu sie ihren neuen Freund, den Guru Shantani, einlädt. Nicht viel später kommen auch schon die ersten Teilnehmer, die nach ihrem Schutzengel suchen und die Erzengelmutter channeln wollen. Doch Dawna und Indie haben bald schwerwiegendere Probleme: was haben nur diese riesigen schwarzen Vögel zu bedeuten? Wer ist der unbekannte Schöne, der Indie nachstellt? Nachdem Indie von den Vögeln angegriffen wird und einer der Engelsseminarteilnehmer stirbt, erkennen Dawna und Indie, dass es Zeit wird, etwas gegen diese Vögel zu unternehmen, doch die Frage ist, was? Und wie? Und was hat der Tod ihrer Granny damit zu tun?
Das Buch ist in der Ich-Perspektive geschrieben und die Kapitel wechseln zwischen der Sicht der Schwestern hin und her. Somit ist man völlig in die Story involviert und bekommt hautnah jede Gefühlsregung und jeden Gedanken mit. Es geht sogar so weit, dass man als Leser manchmal das Gefühl hat, die beiden Schwestern vereinen sich zu einer Person. Hilfreich für die Orientierung sind die kleinen Federn, die am unteren Seitenrand sind. Dawna hat schwarze Federn und Indie rote, sodass man jederzeit mit einem Blick feststellen kann, bei welcher Schwester man gerade ist. Es ist sehr faszinierend, die Beziehung der beiden aus dieser Perspektive mitzuerleben und zu sehen, was beide zu einer bestimmten Situation denken. Das Buch weist eine Menge von Nebencharakteren auf, bei denen man sich nicht immer sicher ist, was für eine Rolle sie spielen und auf welcher Seite sie stehen. Doch sie alle fügen sich im Laufe der Zeit in das Gebilde um Dawna und Indie ein und umso mehr man liest, umso klarer wird manche Beziehung. Es ist wahnsinnig spannend, Dawna und Indie dabei zu folgen, wie sie versuchen, das Geheimnis um Whistling Wing und die Vögel zu lüften. Etwas Auflockerung bringen immer wieder die Seminarteilnehmer, wenn sie über ihren Schutzengel und die Erzengelmutter philosophieren, was bei Indie zumeist einen hysterischen Anfall auslöst und beim Leser für einige Lacher sorgt (zumindest ist es mir so ergangen). Man hat das Gefühl, man kommt zusammen mit Dawna und Indie der Lösung immer näher und fiebert jede Sekunde mit den beiden mit. Die immer wiederkehrenden Erinnerungen und Rückblicke auf die Zeiten mit ihrer Granny machen Whistling Wing nicht nur für die Schwestern zu einem besonderen, magischen Ort. Das Ende ist sehr spannend gestaltet und hat doch einige Cliffhanger für die nächsten Teile parat.

Fazit: 
Das Buch fasziniert mit seiner spannenden, geheimnisvollen Story, den lebensnahen und super dargestellten Charakteren, der interessanten und innigen Verbindung zwischen den beiden Hauptcharakteren und dieser wahnsinnig eindringlichen Atmosphäre, die das gesamte Buch über andauert. 

Dieses Buch möchte man wirklich nicht mehr aus der Hand legen und es lässt viel hoffen bezüglich der nächsten Teile der Reihe.

Samstag, 17. August 2013

Suzanne Collins "Die Tribute von Panem-Gefährliche Liebe"

"Am fünfundsiebzigsten
Jahrestag werden als
Erinnerung für die Rebellen
daran, dass nicht einmal
die Stärksten unter ihnen
die Macht des Kapitols
überwinden können, die
männlichen und weiblichen
Tribute aus dem bestehenden
Kreis der Sieger ausgelost."

Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Oetinger
Seiten: 431
2. Teil einer Trilogie

Nach dem wirklich großartigen Auftakt der Panem-Reihe durch den ersten Teil "Tödliche Spiele" war ich mehr als gespannt, was mich nun im zweiten Teil erwarten würde. Das Buch steigt ein halbes Jahr nach Beendigung der letzten Hungerspiele ein und der Leser wird mit vielen neuen Dingen und Situationen konfrontiert. So leben Katniss und Peeta nun mit ihren Familien in schicken Häusern im Dorf der Sieger und führen aufgrund ihrer Prämien ein Leben im Wohlstand. Doch auch die Bürger im Distrikt 12 profitieren von dem Gewinn, durch monatliche Versorgungslieferungen aus dem Kapitol, die den schlimmsten Hunger stillen. Katniss freut sich zwar über die etwas verbesserte Situation in ihrem Distrikt, dennoch hat sich sonst alles verändert. Sie möchte eigentlich nichts lieber, als in ihr altes Leben zurück, doch das ist nicht mehr möglich. Sie fühlt sich nutzlos, da sie nun nicht mehr die Alleinversorgerin ihrer Familie ist und weiß nichts mit sich und ihrer Zeit anzufangen. Ihr Verhältnis zu Peeta und Gale ist angespannt und auch Katniss selbst ist völlig verändert. Von der toughen, zielstrebigen Kämpferin aus dem ersten Teil ist nicht viel übrig geblieben.
Genau in der Mitte des Jahres zwischen den Hungerspielen steht die "Tour der Sieger" an, bei der Katniss und Peeta durch alle Distrikte reisen und sich als Sieger feiern lassen müssen. Kurz vor der Tour stattet Präsident Snow Katniss einen Besuch ab und legt ihr offen und ehrlich dar, dass sie für das Kapitol zu einem Problem geworden ist. Die Menschen sehen sie als Hoffnungsträgerin, da sie während der Spiele mehr als nur einmal gegen die Regeln des Kapitols verstoßen hat. Snow befiehlt ihr, während der Tour keine weiteren rebellischen Akte zu unternehmen und die Leute (und vor allem ihn) weiterhin von ihrer großen Liebe zu Peeta zu überzeugen. Wenn sie es nicht schafft, würde das Konsequenzen für ihre Familie und Freunde bedeuten. Während der Tour kommt es zu ersten rebellischen Aufständen, die aufs härteste von Seiten des Kapitols bekämpft werden. Katniss` Mission der verliebten Freundin ist also gescheitert und die Strafe folgt auf dem Fuße. Beim 75. Jubel-Jubiläum soll es zu einer Sonderausgabe der Hungerspiele kommen: ein Kampf unter ehemaligen Siegern der Spiele. Das bedeutet, Katniss muss wieder in die Arena, da sie die einzige weibliche Siegerin aus Distrikt 12 ist. 
Wie man sofort sieht, hat dieses Buch einen anderen thematischen Ansatz als der erste Teil und auch sonst hat sich vieles geändert und aus meiner Sicht leider nicht zum Positiven. All die Dinge, die das erste Buch für mich zu etwas Besonderem gemacht haben, fehlen hier völlig bzw. sind abgeschwächt. Dem gesamten zweiten Teil mangelt es an dieser speziellen Atmosphäre, die einem im ersten Buch das Gefühl gab, ein Teil der Geschichte zu sein und die einen alles intensiv miterleben ließ. Dieser Teil schaffte es nicht, mich aus einer unbeteiligten Beobachterposition herauszuholen und mitten ins Geschehen zu bringen. Auch die Charakterzeichnungen finde ich im Vergleich zum ersten Teil mehr als schwach. Katniss hat sich von einer starken, zielorientierten, kämpferischen Frau, die niemals heiraten und Kinder haben wollte, zu einer zweiten Bella Swan gewandelt. Wen von beiden liebe ich denn nun? An einem Tag Peeta-am anderen Gale. Von ihrer Stärke ist auch nichts zu spüren, als sie erfährt, dass sie wieder in die Arena muss. Wo sie im ersten Teil für ihre Familie nach außen hin stark war, läuft sie hier weg und versteckt sich wie ein kleines Kind. Auch die für Katniss emotional so wichtige Verbindung zu Prim scheint hier keine Rolle mehr zu spielen und ich kann mir nicht erklären, wieso. Generell bleiben alle Personen sehr blass und es fehlt mir doch eine gewisse Tiefe bei der Darstellung.
Das Ende des Buches, das ich hier natürlich nicht verraten möchte, ist für mich ein konfuses Durcheinander, bei dem ich mir mehr Details und Informationen gewünscht hätte und das völlig lieblos dahingeschrieben erscheint.

Fazit:
Die Story hält einige Überraschungen und unerwartete Wendungen bereit, man kann sich auf das Wiedersehen mit einigen alten Bekannten freuen und auf eine wirklich interessant gestaltete Arena. 
Leider fehlt mir in diesem Teil das wirklich mitreißende Element und die Darstellung der Charaktere ist schwach. 

Wer den ersten Teil der Reihe gut fand, sollte auf jeden Fall auch den zweiten lesen, schon allein, um zu erfahren, wie es weiter geht. Jedoch sollte man vielleicht seine hohen Erwartungen etwas zurückschrauben, wenn man am Ende nicht enttäuscht sein will.

Sonntag, 4. August 2013

Gustave Flaubert "Madame Bovary"

Sie sagte sich immer wieder:
"Ich habe einen Geliebten!
einen Geliebten!" und genoß
diese Vorstellung, so als sei
sie zum zweiten Mal Frau
geworden. Sie würde endlich
also die Freuden der Liebe,
diesen Glücksrausch erfahren,
auf den sie nicht mehr gehofft
hatte.

Erscheinungsjahr: 1856 (Original)
Verlag: insel taschenbuch
Seiten: 454

Gustave Flauberts "Madame Bovary" zählt zu einer der größten Ehebrecherinnenromane der Literaturgeschichte und wird häufig in einem Atemzug mit "Effi Briest" und "Anna Karenina" genannt. Das Buch erregte seiner Zeit so viel Aufsehen, dass Flaubert eine Anklage wegen Sittenlosigkeit erhielt. Denn Flaubert beschreibt nicht nur ausführlich die Treffen Emma Bovarys mit ihren Liebhabern, ihren Selbstmord und ihre Verschwendungssucht, sondern auch, wie "einfach" es sein kann, seinen Partner zu hintergehen, wenn man vor Lügen und Betrügen nicht zurückschreckt.
Doch zunächst wird im Roman der Werdegang von Charles Bovary beschrieben, Emmas späterem Ehemann, der auf Bestreben seiner Mutter eine gute Schule besucht und danach Medizin studiert. Schnell wird klar, dass Charles ein charakterlich schwacher Mann ist, dessen Leben von den Frauen bestimmt wird: zunächst von seiner Mutter, dann von seiner ersten Ehefrau und zu guter Letzt von Emma. Er versucht es jedem Recht zu machen und man hat nie das Gefühl, dass er etwas aus seinem eigenen Willen heraus tut. Als seine Mutter eine Heirat zwischen ihm und einer 45-jährigen Witwe arrangiert, nimmt er es ohne Protest hin. Während seiner Ehe lernt er Emma kennen, von der er sofort hingerissen ist, sich jedoch nie etwas anmerken lässt, bis seine Frau an einem Herzanfall stirbt. Nach Ablauf des Trauerjahres heiratet er Emma und ist von da an der glücklichste Mann der Welt. Hier wechselt die Erzählperspektive zu Emma und der Leser erfährt, dass sie zunächst ebenfalls glücklich darüber ist, Charles geheiratet zu haben. Doch nach der Ankunft in ihrem neuen Heim und der Eingewöhnung in ihr neues Leben ist Emma schon bald gelangweilt und frustriert. In ihrer Vorstellung wollte sie ein Leben voller Leidenschaft, Spannung, teurer Bälle und Kleider führen, doch die Realität besteht, aus ihrer Sicht, aus Banalitäten und Monotonie. Sie fängt an, Charles für sein "einfaches" Leben und seine Anspruchslosigkeit zu verachten und verirrt sich immer mehr in Traumvorstellungen vom "idealen" Leben, das ihrer Meinung nach alle führen, nur sie nicht, obwohl sie es doch auch verdient hätte. 
Das Buch fasziniert durch die unterschiedlichen Personen- und Charakterzeichnungen, in die uns der Autor immer wieder Einblicke gewährt und die so festgefahren in ihrer Meinung sind, dass kein Abweichen möglich ist. Vor allem Emma verliert sich immer mehr in sich selbst, ohne auch nur den leisesten Hauch von Interesse an anderen zu zeigen. Selbst ihre Tochter scheint ihr egal zu sein. Nach einem anfänglichen Verstehen ihrer Situation kurz nach der Heirat wird der Abstand des Lesers zu Emmas Gefühlswelt immer größer und ich habe beim Lesen verschiedene Phasen durchlaufen wie Unverständnis, Wut, Ohnmacht gegenüber ihren Entscheidungen bis hin zu dem Wunsch, sie an den Schultern zu packen und einmal kräftig zu schütteln, bis sie wieder klar sieht. Es ist, als wenn man beobachtet, wie jemand ungebremst auf einen Abhang zujagt. Man möchte ihn gerne aufhalten, aber es geht nicht.
Im Gegensatz dazu hat man fast schon Mitleid mit Charles, der Emma abgöttisch liebt und alles für sie tut, dabei aber schwach und gutgläubig ist. Ich denke, selbst wenn Emma ihm gesagt hätte, dass sie eine Affäre hat, hätte er es nicht geglaubt, einfach, weil er es nicht glauben will. Er hätte die Augen vor der Realität verschlossen und hätte einfach weitergelebt, als wenn nichts wäre. 
Die kleine Tochter tut mir einfach nur Leid, denn sie liebt ihre Mutter, aber Emma hat keinerlei Interesse daran, sich mit ihr zu beschäftigen. Zwischenzeitlich habe ich mich gefragt, ob die Tochter noch bei ihren Eltern lebt, denn Emma "verschwendet" keinen Gedanken an sie und man erfährt nichts darüber, was sie macht.

Fazit: 
Ein Buch, das viele Probleme auf zwischenmenschlicher Ebene anspricht, starke Charaktere und interessante Personen hat, sowie eine sehr gute Beschreibung der Gedanken-und Gefühlswelt Emmas.

Dieses Buch ist etwas für Liebhaber der älteren Literatur, mit einem gewissen Verständnis der beschriebenen Zeit und Zustände.