Samstag, 28. November 2015

John Stephens "Das Buch Rubyn-Die Chroniken vom Anbeginn"

„Das Mädchen ist der Schlüssel.
Durch sie wirst du dein Schicksal
begreifen. Aber das weißt du ja schon.
Der Traum hat es dir verraten.“
Als der Junge wieder sprach,
war seine Stimme leise und gepresst.
"Und der Rest meines Traums?
Was ist damit? Wird auch das
in Erfüllung gehen?“
Das Mädchen nickte.
„Ja. Sie wird dir zeigen, wer du bist.
Und dann wird sie sterben.“

Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: cbj
Seiten: 495
2. Teil einer Trilogie

„Das Buch Rubyn“ setzt knapp 8 Monate nach den Ereignissen des ersten Teils ein. Kate, Michael und Emma sind wieder im Edgar Allan Poe Waisenhaus, da ihr neues Zuhause in Cambridge Falls nach dem Auffinden der ersten Chronik vom Anbeginn für sie nicht mehr sicher ist. Doch die Mächte des Bösen sind unermüdlich auf der Suche und so ist es nur eine Frage der Zeit bis die Geschwister gefunden werden. Bei dem Versuch, Michael und Emma zu schützen, nutzt Kate die Macht des Buches Emerald und reist durch die Zeit. Doch anstelle danach wieder in die Gegenwart zurückzukehren, landet sie im Jahr 1899. Währenddessen eilt Dr. Pym Michael und Emma zu Hilfe und begibt sich mit ihnen auf die Suche nach der zweiten Chronik vom Anbeginn.
In diesem Teil werden die beiden Haupthandlungsstränge sehr früh getrennt, sodass wir die Geschichte abwechselnd aus der Sicht von Michael und Kate erleben. Michael leidet schwer unter der Bürde der Verantwortung gegenüber seiner jüngeren Schwester und seinem Verrat im ersten Band, der ihn stark an sich und seinen Führungsqualitäten zweifeln lässt. Doch die Suche nach dem Buch Rubyn lässt ihn über sich hinauswachsen und am Ende dieses Teils erleben wir einen viel gestärkteren Michael, der erkennt, worauf es wirklich ankommt. In Kates Part erfahren wir viel Neues über den grässlichen Magnus und die Teilung der magischen von der nicht-magischen Welt am Neujahrstag 1900. Die beiden Handlungsstränge sind sehr verschieden, aber jeder ist ist auf seine Weise spannend und entführt uns erneut in die wunderbaren Tiefen der magischen Welt. Wir begegnen Elfen und Trollen, einem Drachen und vielen kleinen Wundern der Magie, jedoch sind diese Elemente niemals übertrieben und fügen sich perfekt in die Gesamtstory mit ein. Auch in diesem Band geht es natürlich um die besondere Beziehung der Geschwister zueinander, aber durch die räumliche Trennung erfährt das Ganze eine neue Dimension. Nach den Informationen, die der Leser in diesem Band bekommt, schaue ich gespannt auf den dritten Band und wie John Stephens die ganze Geschichte auflösen wird. Der große Cliffhanger am Ende des Buches trägt natürlich auch seinen Teil dazu bei.

Fazit:
Ein wirklich gelungener 2. Teil der Trilogie, der ebenso stark ist wie sein Vorgänger und zu keinem Zeitpunkt Langeweile aufkommen lässt.


Montag, 9. November 2015

John Stephens "Emerald-Die Chroniken vom Anbeginn"

Das Ende ist nah, mein Kind.
Ich werde zu dir kommen.
Unser Schicksal ist eins.
Ich werde kommen, und 
wenn ich dich finde, wird 
die ganze Welt tanzen.

Erscheinungsjahr: 2011
Verlag: cbj
Seiten: 460
1. Teil einer Trilogie

Auf dieses wunderbare Buch stieß ich durch Zufall beim Herumstöbern in einer Bücherei. Als erstes fiel mir das fantasievolle Cover ins Auge und auch die Story versprach Gutes, was sich erfreulicherweise während des Lesens bestätigte. Die Geschwister Kate, Michael und Emma werden als unvermittelbar eingestuft von Waisenhaus zu Waisenhaus geschickt, nachdem ihre Eltern an Weihnachten vor 10 Jahren spurlos verschwanden. Nun führt sie ihre Reise nach Cambridge Falls und ins riesige Haus von Dr. Pym, in dem sie die einzigen Kinder zu sein scheinen. Doch bevor sie sich überhaupt richtig einleben können, geht das Abenteuer auch schon los. In einem ungenutzten Arbeitszimmer im Keller des Hauses finden die Kinder ein altes Buch, durch das sie ungewollt in die Vergangenheit reisen. Dort steht es schlecht um Cambridge Falls. Eine Frau namens die Gräfin lässt die Männer der Stadt, auf der Suche nach einem sehr mächtigen Gegenstand, hart unter Tage arbeiten und hat als Druckmittel deren Kinder gefangen genommen. Kate, Michael und Emma möchten die Kinder um jeden Preis befreien und müssen bald erkennen, dass ihre Rolle noch viel tiefer reicht, als sie selber jemals gedacht hätten.
John Stephens ist mit „Emerald“ ein wunderbarer Start für seine „Chroniken vom Anbeginn“-Trilogie gelungen. Den Leser erwartet eine gut durchdachte und tiefgehende Story mit teilweise verschiedenen Handlungssträngen, die sich aber nach einer gewissen Zeit wieder vereinen. Dadurch hat man das Gefühl, immer hautnah bei den wichtigsten Ereignissen dabei zu sein und nichts zu verpassen. Das Buch hält weiterhin einige Überraschungen und Wendungen bereit, die den Spannungsbogen noch zusätzlich verstärken. Was das Buch aber wirklich besonders macht, sind die starken Bindungen zwischen den Charakteren. Im Zentrum stehen Kate, Michael und Emma, die durch das Verschwinden ihrer Eltern früh auf sich allein gestellt waren und durch ihre Erfahrungen in diversen Waisenhäusern schnell gelernt haben, sich nur auf sich selber zu verlassen. Diese gemeinsame Stärke ist im gesamten Buch allgegenwärtig, ohne ins Kitschige zu verfallen, was mich an einigen Stellen wirklich sehr gerührt hat. Die Gestaltung der Nebencharaktere ist ebenfalls sehr gut gelungen und lässt die magische Welt mit ihren teils grausigen Kreaturen lebensecht und vielschichtig wirken.

Fazit:
Das Buch „Emerald“ führt den Leser in eine magische Welt, ohne dabei abgedroschene Klischees bemühen zu müssen. Die Story ist gut durchdacht und abwechslungsreich, was die Spannung konsequent hoch hält. Die Charaktere sind liebevoll gestaltet und wachsen einem sehr schnell ans Herz.  

Freitag, 30. Oktober 2015

Kerstin Gier "Silber-Das dritte Buch der Träume"

Persephone beachtete mich 
ohnehin nicht, sie war 
zu sehr damit beschäftigt,
auf meine Brust zu zielen.
Grayson, der ihr am 
nächsten stand, schien 
seinem Gesichtsausdruck nach
verzweifelt abzuschätzen, 
wie viel Zeit er brauchen 
würde, bis er sie erreichte,
aber egal, wie schnell er war,
eine Kugel wäre schneller.

Erscheinungsdatum: 08.10.2015
Verlag: FJB
Seiten:458
3. Teil einer Trilogie

Nun ist es endlich soweit, das große Finale der Silber-Trilogie. Ich war wirklich sehr gespannt auf dieses Buch und wie Kerstin Gier ihre Geschichte am Ende auflösen würde. Aber beginnen wir zunächst am Anfang. Die Situation von Liv und ihren Freunden ist nach wie vor unverändert-Arthur schwelgt in seinen Racheplänen und sieht Livs Tod als deren großen Höhepunkt an. Verständlich, dass sie überall und ständig mit einem Angriff auf ihr Leben rechnet, vor Allem, seitdem Arthur in der Lage ist, Menschen während des Schlafes zu manipulieren, damit diese tagsüber seine Befehle ausführen, ohne überhaupt etwas davon mitzubekommen. Liv, Henry und Grayson versuchen mit Hilfe eines Plans, Arthur zu stoppen und könnten Anabels Unterstützung dabei gut gebrauchen, doch die glaubt immer noch felsenfest an die Existenz ihres Dämons. Währenddessen passieren immer merkwürdigere Dinge und die Schlinge zieht sich immer enger um unsere Freunde.
Also ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich nach Beendigung des Buches ziemlich ernüchtert war. Ich hatte vor Allem zum Ende hin das Gefühl, dass Kerstin Gier die Ideen ausgegangen sind. Es gibt keinerlei neuen Entwicklungen oder Gedankengänge im dritten Band. Arthur ist der Bösewicht, der von Seite zu Seite gemeiner zu werden scheint und den es zu stoppen gilt-dies war auch schon der Stand im zweiten Band. Lieb gewonnene Charaktere verkommen zu reinen Statisten, so dass ich mich zwischenzeitlich fragte: Was macht eigentlich Ernest?/Livs Mum?/Persephone? Das Ende erscheint, als wenn es schnell auf 40 Seiten runter geschrieben wurde (was sich auch bestätigt, wenn man den Anhang liest) und auf ein zwei unerwartete Wendungen wird gar nicht weiter eingegangen bzw. keine Erklärungen geliefert. Die Hochzeit, auf die ich mich wirklich gefreut hatte, wird zu einer kurzen Randnotiz, was ich sehr schade finde. Positiv zu berichten ist allerdings, das alle ungelösten Fragen aufgeklärt werden und wir u.a. auch endlich erfahren, wer denn nun Secrecy ist (ich lag übrigens total daneben mit meinem Tipp).

Fazit:
Trotz einiger Kritikpunkte am dritten Band ist die Trilogie absolut lesenswert und ich fühlte mich auch vom letzten Buch gut unterhalten, jedoch erscheint dieses im Rückblick als das schwächste der drei Bände. Der von mir erhoffte große Knall am Ende blieb leider aus, doch ich schaue voller Zuversicht und Freude auf eventuelle neue Werke von Kerstin Gier.  

Freitag, 23. Oktober 2015

Kerstin Gier "Silber-Das zweite Buch der Träume"

Und da hörte ich es,
mitten in das plötzliche
Schweigen hinein:
ein vertrautes, 
unheilvolles Rascheln,
nur ein paar Meter entfernt.
Obwohl niemand zu sehen war
und eine vernünftige Stimme in meinem Kopf sagte,
dass das hier sowieso nur 
ein Traum sei,
konnte ich nicht verhindern,
dass Angst in mir hochkroch,
genauso unheilvoll wie das Rascheln.
Ohne genau zu wissen, was ich tat
und vor wem ich davonlief, 
fing ich wieder zu rennen an.

Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: FJB
Seiten: 405
2. Teil einer Trilogie

Nach dem spannenden Ende des ersten Bandes scheint es bei Liv wunderbar zu laufen. Sie ist glücklich in ihrer Beziehung mit Henry, die Familienzusammenführung scheint auch gut zu funktionieren (bis auf das „Bocker“) und die nächtlichen Besuche im Korridor sind ohne Gefahr gleich doppelt so interessant. Liv hat nun auch endlich die Möglichkeit an ihren Traumfähigkeiten zu arbeiten, sodass sie sich inzwischen z.B. mit Leichtigkeit in einen Jaguar oder einen Lufthauch verwandeln kann. Aber natürlich bleibt es nicht so harmonisch. Der Tod von Mr. Snuggles wirft einen Schatten auf die Familienharmonie und Livs kleine Schwester Mia beginnt plötzlich zu schlafwandeln, was zu einigen gefährlichen Situationen führt. Liv beginnt mit der Zeit daran zu zweifeln, dass es sich dabei nur um normales nächtliches Herumwandern handelt, vor allem da es noch einige offene Rechnungen zu begleichen gibt.
Der zweite Band läuft genau wie der erste langsam an, um sich dann zum Ende hin spannungsmäßig enorm zu steigern. Trotzdem kommt zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf. Handlungsstränge, die im ersten Band geknüpft wurden, werden hier mehr oder weniger stark verfolgt und vorangetrieben. Ich möchte in diesen Punkten gar nicht so sehr ins Detail gehen, um nicht zu viel von der Story zu verraten. Die liebevolle Grundstimmung des ersten Bandes wird hier wieder aufgegriffen und natürlich fehlt es auch nicht an Witz und spitzen Kommentaren, so wie wir es von Kerstin Gier in ihren Büchern gewohnt sind. Wir erfahren einiges Neues über unsere Hauptcharaktere und lernen Henrys Familie besser kennen. Kritiker könnten bemängeln, dass es storytechnisch nicht wirklich voran geht, was ich auch gar nicht abstreiten möchte. Dennoch fühlte ich mich von Anfang bis Ende sehr gut unterhalten und fiebere enthusiastisch dem dritten Band entgegen.

Fazit:
Dieses Buch schafft es, was viele zweite Bände einer Trilogie nicht schaffen, nämlich ein gleichbleibendes Niveau zum ersten Band beizubehalten und Lust auf mehr zu machen. 

Sonntag, 4. Oktober 2015

Paula Hawkins "Girl on the Train"

Ich lehne den Kopf ans 
Zugfenster und lasse die
Häuser an mir vorbeiziehen
wie bei einer Kamerafahrt.
Ich sehe sie so, 
wie andere sie nicht sehen;
wahrscheinlich sehen nicht 
einmal ihre Bewohner sie 
aus dieser Perspektive.
Zweimal am Tag bieten sich 
mir für einen Moment Einblicke 
in fremde Leben.
Irgendwie hat der Anblick 
von Fremden, die daheim in 
Sicherheit sind, etwas Tröstliches.

Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: blanvalet
Seiten: 446

Jeder, der regelmäßig mit Bus oder Bahn zur Arbeit fährt, kennt es: man starrt immer auf die gleichen Häuser, die gleichen Straßen,Wege und Geschäfte. So geht es auch Rachel, die jeden Tag mit dem Zug nach London pendelt. Ihre Lieblingsaussicht sind die Häuser in der Blenheim Road. Dort wohnen auch Jess und Jason. Rachel sieht sie fast jeden Tag, wie sie draußen auf ihrer Terrasse sitzen und Kaffee trinken, wie liebevoll Jason seine Frau umsorgt und für sie sind die beiden das perfekte Traumpaar. Natürlich weiß Rachel nicht ihre wirklichen Namen, sie hat sie nie persönlich kennen gelernt, aber sie erträumt sich gerne das absolut perfekte Leben des Paares. Es ist genau das, was sie verloren hat. Vor zwei Jahren wurde sie von ihrem Exmann für eine andere Frau verlassen, die beide zufällig nur wenige Häuser entfernt von Jess und Jason wohnen. Als Jess eines Tages spurlos verschwindet, prallen die Realität und Rachels Traumwelt aufeinander und sie muss erkennen, dass unter der Oberfläche der glücklich wirkenden Familie tiefe Abgründe warten können und nichts so sein muss, wie es zunächst schien.
Die Grundidee des Buches hat mich von Anfang an fasziniert, denn jeder ist schon einmal mit Bus oder Bahn gefahren und hat dabei eventuell sogar etwas beobachtet, was er nicht richtig einordnen konnte, weil er die Gesamtsituation nicht kannte. Rachel geht es nicht anders, doch sie interpretiert die Dinge, die sie sieht so, wie es ihr gefällt und wie es am Besten in ihre Traumvorstellungen des Paares passt. Andere Eventualitäten lässt sie einfach nicht zu und ihre Vorstellungen sind ihre Wahrheit. Was ich ebenfalls sehr interessant finde, sind die Charakterzeichnungen. Paula Hawkins präsentiert uns keine Helden des Alltags, sondern Menschen mit Problemen und Sorgen. Rachel ist Alkoholikerin, hat deswegen ihren Job verloren, trauert immer noch ihrem Exmann hinterher und die einzige Freude die ihr bleibt, sind ihre wunderschönen Lebensfantasien über fremde Menschen, die sie nicht mal kennt. Das klingt jetzt alles sehr bemitleidenswert und Rachel tut einem wirklich an vielen Stellen einfach nur Leid, aber es gibt auch die Momente, wo man am liebsten vor Scham im Boden versinken möchte, weil sie im Vollrausch mal wieder ihren Exmann angerufen und ihn angefleht hat, zu ihr zurück zu kommen. Das alles bessert sich allerdings, als Megan alias Jess verschwindet. Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht von Rachel und Megan erzählt, wobei Megs Geschichte vor einem Jahr beginnt und wir uns zum Ende des Buches immer mehr dem Tag nähern, an dem sie verschwindet. Die Story hält dauerhaft eine gewisse Grundspannung, die zum Ende hin stark ansteigt. Sicherlich kann man als aufmerksamer Leser seine Schlüsse ziehen und eventuell auch den Mörder schon früher benennen, dennoch hat mich das Ende in seinem Ablauf sehr überrascht.

Fazit:
Eine wirklich faszinierende Grundidee, entsprungen aus dem Alltag vieler Menschen, eine durchgehend spannende Story mit unerwartetem Ende und der Erkenntnis, dass unter der Oberfläche verborgene Dinge brodeln können. 
Ein kleiner Kritikpunkt sind die zum Ende hin etwas übertrieben dargestellten männlichen Charaktere.

 

Sonntag, 27. September 2015

Erik Axl Sund "Scherbenseele"

Leben ist Tod. Tod ist Leben.
Warum versteht das keiner?
Das Gefühl, gleichzeitig tot und
lebendig zu sein,
wird nie stärker, als wenn
man es mit jemandem teilt.
Tod und Leben sind zwei.
Wie Kopf und Zahl.
Wie Tag und Nacht.
Wie Sommer und Winter.
Wir taten es gemeinsam,
sie und ich.
Alles ist leichter,
wenn man zu zweit ist.
Wenn man zusammenhält.

Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Goldmann
Seiten: 410
1. Teil einer Trilogie

Nach dem großen Erfolg der Victoria-Bergmann-Trilogie (Krähenmädchen, Narbenkind, Schattenschrei) ist das schwedische Autorenduo Erik Axl Sund mit einem neuen Buch zurück in unseren Wohnzimmern. Wie ihr schon bei dem kurzen Auszug oben erkennen könnt, ist die Lektüre von „Scherbenseele“ thematisch gesehen nicht gerade leichte Kost. Jens Hurtig, Kriminalkommissar bei der Stockholmer Polizei (und ein bereits bekannter Charakter aus der ersten Trilogie), bekommt es mit einer Vielzahl von mysteriösen Selbstmorden in ganz Schweden zu tun. Jugendliche bringen sich auf ungewöhnliche und ziemlich grausame Art und Weise selber um und hören dabei auf alten Musikkassetten die Musik des Künstlers „Hunger“. Zusätzlich dazu bekommt Hurtig persönliche Gegenstände von erwachsenen Mordopfern zugeschickt, sodass ziemlich schnell klar wird, dass diese beiden Fälle in einem größeren Zusammenhang stehen. Seine Ermittlungen führen den Kriminalkommissar tief in die Abgründe menschlicher Seelen und die Qualen, die darin verborgen sein können. Aber die Story wird nicht nur aus der Sicht Hurtigs erzählt, abwechselnd erhalten wir Einblicke in die Gedankengänge verschiedener Charaktere, die alle mehr oder weniger in die Vorfälle rund um die Selbstmorde involviert sind. Besonders interessant fand ich dabei die Kapitel, die von „Hunger“ und seinen Erinnerungen an seine Kindheit handeln, da sie der Schlüssel zum Verstehen sind. In jedem Kapitel des Buches bekommt man ein kleines Puzzlestück und versucht dieses ins Gesamtbild einzufügen, was besonders zum Ende hin sehr große Spannung erzeugt, weil man weiß, dass man kurz vor der Lösung ist, aber es trotzdem noch nicht ganz vollständig ist. Trotz der relativen Kürze der Kapitel erfährt der Leser sehr viel über die Charaktere und deren Leben, hauptsächlich durch die eingebauten Erinnerungen, die die Protagonisten sehr lebensecht und vielschichtig wirken lassen. Und über allem schwebt die düstere Grundstimmung, die Erik Axl Sund in „Scherbenseele“ schafft und die den Leser langsam und unaufhörlich mit sich zieht. Der Stil des Autorenduos ist direkt und auf den Punkt, schlimme Wahrheiten werden ohne Vorwarnung einfach in den Raum gestellt. Ich denke, das ist das Erfolgsgeheimnis der beiden, sie ziehen den Schleier der Verdrängung von sonst tabuisierten Themen und zeigen dem Leser nichts als die Wahrheit. Es gibt kein Verstecken und kein Verleugnen, diese Dinge sind real und werden in ihrer ganzen Tiefe gezeigt.


Fazit:
„Scherbenseele“ begeistert durch eine wahnsinnig spannende und stringente Story, die einige Überraschungen bereit hält und am Ende keine Fragen übrig lässt. Die Charaktere sind gut gestaltet und unterhaltsam, die Grundstimmung ist gleichbleibend düster und passt perfekt zur Geschichte. Was mir ein zwei Mal negativ auffiel, war die Bedienung des allgemeinen Schubladendenkens, was aber die gute Story in keiner Weise beeinträchtigt.